Erste Saisonhälfte geschafft

Geschrieben am 05.03.2022 von Timo Küppers

Rückblick erste Saisonhälfte Jugendbundesliga

Während in den meisten Ligen auf Verbands- oder Landesebene nur wenige Runden gespielt worden sind, hat die Jugendbundesliga ihre erste Hälfte der Saison bereits hinter sich. Trotz einiger Schwierigkeiten wurde der Spielbetrieb in den Jugendligen dankenswerterweise aufrechterhalten. Mittlerweile sind vier Runden gespielt und wir stehen in der Tabelle auf einem mittleren Platz. Die Geschehnisse auf den Brettern werden in diesem Bericht nachgereicht.

Runde 1: Auswärtsspiel gegen Hemer

Zur ersten Runde stand das Auswärtsspiel gegen den Aufsteiger aus Hemer an. Während unsere Gegner mit ihrer besten Besetzung antraten, hatten wir doch große Aufstellungsschwierigkeiten. Die Hälfte der Mannschaft musste leider absagen. Aber kein Problem, denn wir haben ja eine starke zweite Jugendmannschaft, sodass schnell Ersatz gefunden war. Wir spielten in der Aufstellung: 1 Aik, 2 Noel, 3 Lasse, 4 Nils, 5 Lukas und 6 Ole.

Während die oberen drei Bretter relativ ausgeglichen waren, hatte Hemer an allen drei unteren Brettern ELO- bzw. DWZ-Vorteile. Besonders ein Brett stach dabei heraus: an Brett 6 spielte Ole Beetz gegen eine 1843 DZW-Punkte stärkere Gegnerin. Wie das sein kann? Ganz einfach: Ole spielte an diesem Tag erst seine zweite Turnierpartie. Doch dazu später mehr.

Nachdem die Anreise problemlos verlief, konnte der Mannschaftskampf pünktlich um 11 Uhr starten. Nach einer Stunde zeigten sich die Partieverläufe an den meisten Brettern bereits ab.

An Brett 1 hatte Aik in einem Slawen seinen g-Bauern früh auf die Reise geschickt. Es entstand eine sehr unkonventionelle und extrem komplizierte Stellung:

Weiß hat in der Stellung einen gewissen Raumvorteil im Zentrum und am Königsflügel und droht diesen mit mehrmaligen Schlagen auf e5 gefolgt von dem Bauernvorstoß f2-f4 noch zu vergrößern.

An den Brettern 2 und Brett 3, den Partien von Noel und Lasse, entstand nach der Eröffnung und dem Zug 12.a4! genau die gleiche Stellung:

Im Prinzip ist dieser Umstand auch nicht sonderlich verwunderlich, schließlich wurde diese Stellung bereits in 1000 anderen Partien erreicht. Das Gute und gleichzeitig auch Schlechte ist jedoch, dass Weiß hier mit seinem Vorposten auf b5 klar besser steht, weshalb diese Variante im Wolgagambit als nicht mehr ausreichend gilt. Das zeigt auch der Score, den Chessbase nach den unterschiedlichen schwarzen Zügen anzeigt:

Während Noel, der hier mit Schwarz spielte, sich an dieser Stelle für 12… Sb6 entschied, setzte Lasses Gegner mit 12…Db6 fort. Für beide Schwarzspieler stand nun eine schwierige Partie bevor.

An Brett 4 spielte Nils gegen eine scharfe Variante des Londoner Systems. Anfangs war die Lage sehr ausgeglichen, doch durch eine positionelle Ungenauigkeit geriet der Nils König stark unter Druck:

Nils entschied sich hier mit dem Zug d5-d4 mehr Raum im Zentrum zu gewinnen. Das Problem dabei ist jedoch, dass die Kontrolle über die wichtigen Felder e4 und c4 verloren geht und Weiß somit starke Vorposten erhalten. Nach späterem e4-e5 musste zudem der wichtige Verteidiger Sf6 ein neues Feld suchen, worauf sich die weißen Figuren auf den schwarzen König stürzten.

Lukas Rasch spielte an Brett 5 sein geliebtes Trompowski. Nach nur sieben Zügen waren beide Spieler auf komplett unerforschtem Gebiet. Nachdem Lukas im Streben nach Aktivität und Initiative schon einen Bauern geopfert hatte, schüttete er mit dem Zug b2-b4 noch mal Öl ins Feuer:

Ein gewagter Zug. Die Idee ist taktisch sehr kreativ, doch leider steht Schwarz zu solide, damit sie funktioniert. Eine Idee zeigt sich nach 12…Dxb4 13.axb5 und nun wäre Txa1 wegen 14.Dxa1 mit der Drohung Da8 unangenehm für Schwarz. Stattdessen kam aber 13…Tc8 und Weiß hat einfach zu viele Schwächen. Auch Lukas Versuch sich mit 14.e4!? zu befreien reichte nicht, worauf er schlussendlich einige Züge später in einem Endspiel mit zwei Bauern weniger aufgeben musste.

In der Zwischenzeit konnte Aik in der komplizierten Stellung den besseren Überblick behalten und am Ende seine Trümpfe ausspielen. Auch Lasse konnte seine Partie überzeugend gewinn. Noel wiederum hatte zwar lange Widerstand geleistet, doch auch er konnte in der Wolgavariante keine ausreichende Verteidigung mehr finden. Und somit kam es dann beim Stand von 2:3 gegen uns auf die letzte entscheidende Partie und unserem Spieler des Tages an: Ole spielte Sizilianisch und wurde mit einer Nebenvariante überrascht.

Mit umsichtigem Spiel konnte er jedoch die Lage in der Eröffnung und im Mittelspiel ausgeglichen halten und meine Hoffnung wurden immer größer, dass da tatsächlich was gehen könnte. Nach einigen Abtauschen hatte er folgende sizilianisch-typische Stellung erreicht:

Wie zu sehen ist, hat Ole sich gerade für den Zug 28…d6-d5 entschieden. Und was soll an diesem Zug auch falsch sein? Schließlich ist das DER Durchbruch in einem jeden Sizilianer für Schwarz. Doch leider war der Zug hier verfrüht, denn Weiß könnte nun mit f2-f4! gefolgt von e4-e5 Raum und den Vorposten auf d4 gewinnen. Das wäre vermutlich sehr unschön geendet, doch Oles Gegnerin entschied sich hier für 29.Dd4? Es folgte 29…Dxd4 30.Sxd4 dxe4 31.Le2 Ld5 und Ole hatte einen gesunden Bauern mehr im Endspiel, welchen er nach einiger Ungenauigkeiten von beiden Seiten im Turmendspiel am Ende verwerten konnte. Ein ganz wichtiger Punkt und eine riesige Leistung von Ole! Am Ende ging der Kampf also 3:3 aus, was für beide Mannschaften ein akzeptables Ergebnis darstellt.

Runde 2: Heimspiel gegen Porz

Weiter ging es dann in Runde zwei gegen den Ligaprimus SG Porz. Erneut sind wir mit zwei Ersatzspielern angetreten: 1 Noel, 2 Lasse, 3 Valentin, 4 Jonas, 5 Nils und 6 Ole. Es war daher von vornherein klar, dass ein extrem schwerer Kampf uns bevorstehen würde, denn Porz hatte an fast allen Brettern 200-300 DWZ- bzw. ELO-Punkte mehr vorzuweisen.

Während Noel bereits früh aus der Eröffnung mit den schwarzen Steinen unter Druck geriet, schien die Situation an den anderen Brettern relativ gut für uns gestartet zu sein. Lasse hatte seinen Gegner mit 4.Ld2 früh zum Nachdenken gebracht. Valentin konnte es in einem Wolgagambit schaffen, den wichtigen weißen e4-Bauern zu gewinnen. Ole hatte einen komplizierten Italiener auf dem Brett, bei welchem es schwer zu sagen war, wer besser stand und warum. Am besten sind hingegen Nils und Jonas gestartet. Jonas Gegner hatte die Caro-Kann Verteidigung gespielt, doch schnell konnte Jonas eine sehr starke Initiative entwickeln:

Weiß hat nicht nur die aktiveren Figuren, auch der schwarze König ist nach erfolgten f7-f5 sehr anfällig. Schwarz hat nun eine sehr riskante Entscheidung mit 16…Dxa2 getroffen und sich auf die Fortsetzung 17.Lxh6 Lf6 18.c3! Td8 eingelassen.

Hier wäre entweder Lxg7 und danach der Vormarsch des h-Bauern bis nach h6 oder zuerst h5 tödlich für Schwarz gewesen. Stattdessen setzte Jonas mit 18.Lg5, in der Annahme, dass der Angriff auch langfristig stark sei, zu langsam fort. Eine erste vergebene Chance.

Ebenso gut war Nils aus der Eröffnung gekommen. In einem 2.Sc3 Sizilianer opferte sein Gegner früh einen Bauern, doch mit genauem Spiel konnte Nils bereits nach wenigen Zügen nachweisen, dass es keinerlei Kompensation für diesen Bauern geben würde, sodass nach 19 Zügen folgende Stellung auf dem Brett war:

Nicht nur der Mehrbauer, sondern auch die solide schwarze Dominanz im Zentrum und am Königsflügel sprechen für Schwarz. Nils setzte hier mit g5-g4 fort. Kein schlechter Zug, doch nach 19.Sh4 Sd4 20.Dd1 kam nicht das sehr starke f4, (wonach die Partie wohl vorbei gewesen wäre, da der Bauer bis nach f3 kommt) sondern Dd8. Schwarz gewinnt dabei einen zweiten Bauern auf h4, muss aber etwas Kontrolle über die schwarzen Felder abgeben.

Desto länger der Kampf dauerte, umso deutlicher waren die Stärkeunterschiede an den Brettern zu spüren. Noels Stellung hatte sich in ein Endspiel verwandelt, in welchen er gegen einen gegnerischen a-Freibauern zu kämpfen hatte. Dieser erwies sich schon bald als zu stark, sodass die Niederlage nicht länger zu vermeiden war. Auch bei Valentin sah es zunehmend schlechter aus. Er spielte mutig und aktiv nach vorne und opferte eine Qualität, um den weißen König zu öffnen, doch mit einigen genauen Zügen konnte sein Gegner die Stellung verteidigen und am Ende in ein gewonnenes Endspiel abwickeln.

Ole wiederum hatte in einer etwa ausgeglichenen Stellung einen taktischen Schlag seines Gegners übersehen und den wichtigen Zentralbauern auf e4 verloren. Seine Stellung sah am gefährdetsten aus, doch durch schnelles Spiel konnte er seinen Gegner in eine solche Zeitnot bringen, dass dieser einem Remis zustimmte. Damit war also der erste halbe Punkt gesichert und eine zu Null Niederlage schonmal vermieden. Dies stand leider durchaus zu befürchten, denn an den Brettern 5 und 4 konnten sich Nils und Jonas nicht für ihr gutes Spiel belohnen und verloren stattdessen in Zeitnot beide völlig den Faden und am Ende auch ihre Partien.

Somit blieb beim Stand von 0,5-4,5 nur noch die Partie von Lasse.

Nach einem komplizierten Mittelspiel hatte Lasse das Läuferpaar erhalten. Im Gegenzug konnte Schwarz allerdings mit einem Turm auf die zweite Reihe eindringen. Die Stellung befand sich daher etwa im Gleichgewicht, doch in dem Versuch zu stark auf Gewinn zu spielen, übersah Lasse einen Läuferfang seines Gegners. Mit Figur weniger kämpfte er noch über die fünfte Spielstunde hinaus, doch es nützte nichts und am Ende ging auch dieses Brett verloren. Am Ende stand eine bittere 0,5-5,5 Niederlage zu buche. Auch wenn der Porzer Sieg sicherlich nicht unverdient war, so fühlte er sich jedoch etwas zu hoch an.

Runde 3: Auswärtsspiel gegen Kaarst

In der dritten Runde galt es Wiedergutmachung zu leisten. Wir spielten mit den SG Kaarst gegen den zweiten Aufsteiger dieser Saison und ein Sieg war Pflicht, um einen späteren Abstiegskampf zu vermeiden. Es spielten: 1 Aik, 2 Noel, 3 Lasse, 4 Jonas, 5 Lukas und 6 Isabel.

Dieses Mal war die Situation von den Zahlen her umgekehrt im Vergleich zu den vorherigen Kämpfen und wir gingen als leichter Favorit in das Duell. Noel und Jonas konnten auch sehr schnell mit den schwarzen Steinen großen Vorteil erkämpfen. Noel hatte eine sehr angenehme Maroczy-Struktur, in der er mehr Raum hatte und Jonas konnte schnell ein Turmendspiel erreichen, indem er die einzige offene Linie kontrollierte. An allen anderen Brettern war die Lage aber sehr undurchsichtig. Aik hatte am ersten Brett 1…b6? vorgesetzt bekommen. Es entstand eine Stellung, wie sie im Franzosen hätte vorkommen können:

Die schwarzen Figuren sind noch nicht über die siebte Reihe hinausgekommen. Wenn Weiß es schafft, schnell genug mit seinen aktiveren Figuren Drohungen aufzustellen, wie gegen den schwachen Punkt f7, würde die schwarze Stellung schnell auseinanderfallen. So dachte auch Aiks Gegner und zog in dieser Stellung daher das waghalsige 13…c5! Es folgte 14.dxc5 Sec6! 15.cxb6 Sxe5 16.bxa7 Sbc6. Schwarz hat einen Bauern geopfert und Weiß zwei (momentan sogar drei) verbundene Freibauern am Damenflügel gegeben. Doch dafür sind die schwarzen Figuren zum Leben erwacht und bereit die vielen weißen Schwächen auszunutzen. Von nun stand das Brett komplett in Flammen und die Partie konnte in beide Richtungen kippen.

Lasse wiederum hatte eine sehr zähe strategische Partie. Nach einiger Zeit konnte er das Läuferpaar gewinnen, doch dieses vermochte nicht zu überzeugen. Vermutlich war der Springer vom Gegner sogar besser. In Zeitnot verlor Lasse daher kurzzeitig den Überblick und verlor einen Bauern. Übrig blieb aber dennoch sein Läuferpaar gegen Springer und Läufer und inzwischen hatten beide weißen Läufer eine ausgezeichnete Perspektive, sodass hier wieder alles drin war.

Lukas Rasch hatte mit Zugumstellung erneut sein geliebtes Trompowski aufs Brett bekommen. Nach einer wilden Eröffnungsphase gelang es Lukas seinen Springer nach d6 zu stellen:

Es geschah 19…Kf8 und nach 20.Lxc6 lxc6 21.Txf7 gewann Lukas die Dame gegen Turm und Springer.

Das einzige Brett, welches etwas Sorgen bereitete, war Isabels. Bereits in der Eröffnung unter Druck geraten musste sie einen Bauern hergeben, ohne viel Kompensation zu haben. Immerhin hatte sie aber, wie bei Lasse, das Läuferpaar. Und das sollte an beiden Brettern mit dem Lauf der Zeit seine Stärke zeigen. Isabels Läufer stellten ihren Gegner vor solche Probleme, dass er nie wirklich seinen Mehrbauern verwerten konnte. Stattdessen gewann Isabel bald den Bauern zurück, sodass Remis am wahrscheinlichsten war. Ähnliches Bild bei Lasse. Er gewann seinen verlorenen Bauern zurück und konnte nun mit dem Läuferpaar problemlos auf Gewinn spielen. Es waren jedoch alle Bauern am Königsflügel, wodurch ein Sieg sehr schwierig wurde.

Kurz vor der ersten Zeitkontrolle gingen die meisten Partien zu Ende. Lukas Rasch schaffte es, trotz zähen Widerstands seiner Gegnerin, seine Dame und Springer gemeinsam im Angriff gegen den gegnerischen König zu koordinieren. Das Matt war nicht mehr zu verteidigen, sodass der erste Punkt feststand. Isabel lenkte ihre Partie in ungleichfarbiges Läuferendspiel ein und konnte ihre Partie so noch sicher in ein Remis retten. Am verrücktesten entwickelten sich jedoch Jonas und Aiks Partie. Jonas hatte lange Zeit alles richtig gemacht und eine klare Gewinnstellung erreicht. In dem Turmendspiel verpasste er aber einige Chancen das gegnerische Gegenspiel zu verhindern, sodass nach der Zeitkontrolle eine Stellung entstand, welche vermutlich sogar für seinen Gegner gewonnen war. Aiks Stellung wurde hochtaktisch. Beide Seiten hatten ihre Chancen Vorteil zu halten, doch einfach war nichts davon. Entschieden wurde diese spannende Partie durch einen abrupten Fehler seines Gegners:

Schwarz zog hier 27…e5? 28.Df5+! Kb8 29.Sxe5 und Weiß gewinnt den Bauern und die schwarze Stellung fällt auseinander. Schwarz gab auf.

So liefen beim Stand von 2,5:0,5 nach der Zeitkontrolle noch die Partien von Noel, Lasse und Jonas. Letzterer schaffte mit den letzten Tricks tatsächlich noch seinem sehr schnell ziehenden Gegner ein Remis abzunehmen. Noel wiederum schien lange Zeit auf der Siegerstraße.

Er baute seinen Raumvorteil immer weiter aus, nutzte aber die Gelegenheit diesen in einen Angriff umzuwandeln. Daher überlebte sein Gegner bis ins Endspiel, wo er große Schwierigkeiten hatte, seine Stellung zusammenzuhalten, wie es doch so häufig der Fall bei weit vorgerückten Bauern ist. Die Schwierigkeiten sollten tatsächlich zu groß werden und nach einem einzügigen Einsteller musste ausgerechnet Noel, der über lange Zeit am aussichtsreichen stand, aufgeben.

Zum Schluss kämpfte Lasse noch um den letzten Punkt. Sein Läuferpaar hatte ganze Arbeit geleistet und tatsächlich schaffte er es, eine Figur zu gewinnen und trotz des gegnerischen Versuches eine Festung aufzubauen, am Ende auch die Partie. Somit ging der Kampf 4,5:1,5 zu Ende.

Momentan stehen wir im Mittelfeld der Tabelle. Die nächsten drei Spiele gehen gegen Münster, Bochum und Brackel. Wenn wir noch eine Qualifikationschance für die Deutschen Vereinsmeisterschaften wahren wollen, muss mit einem Sieg gegen Münster der Grundstein gelegt werden. Mit einer Niederlage wäre das nächste Ziel der sichere Klassenerhalt, was in solchen Zeiten auch schon viel wert ist.

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