Alltag in der 2. Liga?

Geschrieben am 16.11.2015 von Ulrich Geilmann

2. Bundesliga West: SFK kommt zu einem klaren Sieg gegen Schöneck

Nachdem wir in der 1. Runde einen sehr knappen und letztlich auch ziemlich glücklichen Sieg erspielt hatten, sollte sich nun gegen die SF Schöneck zeigen, wie wohl der Alltag in der 2. Bundesliga aussehen würde. Durch den Wegfall einer Runde (Godesberg hat ja bekanntlich aus formalen Gründen zurückgezogen) hatten wir diesmal wirklich viel Zeit für die Mannschaftsnominierung. Wie üblich gab es aber einige Veränderungen gegenüber der ursprünglichen Planung.

Die Anreise der Teammitglieder gestaltete sich mit Hilfe von Jürgen Armbrüster und Bernd Rosen ebenfalls als unproblematisch. Die Ukrainer GM Alexey Kislinsky und GM Nazar Firman waren bei Bernd und die Holländer IM Arthur Pijpers und FM Miguoel Admiraal bei Jürgen untergebracht. Ich selbst sammelte IM Robert Ris in Venlo ein. GM Ilja Zaragatski, GM Sebastian Siebrecht und IM Dr. Christian Scholz schlugen direkt in der Zeche Helene auf.

Wir spielten wieder im Roten Raum, der allerdings erst noch hergerichtet werden musste. Aber da Bernd kräftig anpackte, war auch das schnell erledigt. Bis auf ein fehlendes Partieformular und die Einstellung einer Uhr lief alles gut.

Unsere Gäste liefen pünktlich auf. Es ergaben sich folgende Paarungen:

SF Katernberg - SF Schöneck
Kislinsky - Krejci
Firman - Poetsch
Ris - Konopka
Zaragatski - Heinatz
Siebrecht - Marchio
Pijpers - Meier, K.
Admiraal - Dr. Meyer-Cording
Dr. Scholz - Weiss

Auf dem Papier eine ziemlich klare Angelegenheit. Doch wie klar derartige Begegnungen dann in der Realität sind, haben ich ja oft genug in der 1. Liga zu spüren bekommen und Favorit können wir bekanntlich eher schlechter. Schiedsrichter der Begegnung war übrigens Jürgen Göldenboog, der mit seiner ruhigen Art immer ein Garant für einen entspannten Nachmittag ist.

Christian ließ sich bei der Anreise etwas Zeit und kam daher mit kleiner Verspätung an. Ansonsten gab’s über die erste Spielstunde aber kaum etwas zu berichten. Zumindest konnte ich keine eröffnungstheoretischen Knaller entdecken. Ein wenig aus dem Rahmen fiel allerdings die Begegnung Firman – Poetsch, in der Schwarz in der französischen Verteidigung einen Doppelbauern auf der f-Linie zuließ. Insgesamt schienen wir die Bretter aber weitestgehend unter Kontrolle zu haben.

Ich hatte also Zeit, mir auch einmal kurz das Spiel unserer 6. Mannschaft anzuschauen, die eine Etage über uns gegen die 2 Mannschaft aus Kupferdreh die Klinge kreuzte. Unsere 3. und 9. Mannschaft waren an diesem Wochenende im Übrigen auch unterwegs. Das mag dann auch die zunächst gegen Eins tendierende Zuschauerresonanz erklären.

Bei dem Ausflug in das Obergeschoss fiel mir übrigens die Ellipse auf und ich frage mich unwillkürlich, wieso wir eigentlich nicht dort spielten. Ein lichtdurchfluteter Raum mit herrlichem Ausblick über die Dächer von Altenessen!

Zwischendurch bekam ich von einem unserer Gäste eine Anfrage nach ergänzendem Toilettenpapier für das Obergeschoss, was ich prompt an den Wirt weitergab, aber dann schließlich selbst erledigen musste. An was man als Gastgeber nicht so alles denken muss.

Gegen 13.00 Uhr lohnte sich dann ein etwas tieferer Blick in die Stellungen. Soweit ich das einschätzte, hatten wir an 3 Brettern ganz gute Chancen. Dies betraf die Partien von Nazar (Französisch, Mehrbauer), Ilja (Katalanisch, Strukturvorteile und Angriffsmarken) und Sebastian (Katalanisch, gestarteter Königsangriff). Und während Alexey im Benoni noch ein wenig um den Ausgleich kämpfte, befanden sich die Stellungen von Robert (Katalanisch), Arthur (Caro-Kann), Miguoel (Sizilianisch) und Christian (Wolgagambit) in einem dynamischen Gleichgewicht. Bei linearem Spielverlauf sollte insoweit nichts anbrennen. Aber bekanntlich ist eine lineare Spielentwicklung im Schach reine Fiktion.

Kurz danach war es an der Zeit, die Getränkevorräte aufzufüllen. Auch das gehört in Katernberg zu den vornehmen Pflichten des Mannschaftsführers. Aber was tut man nicht alles für das Wohl der Spieler! Dafür bekam ich von der netten Bedienung aber wenigstens einen weiteren Kaffee gebracht, den ich angesichts meines nachmittäglich stets immer leicht eingeschränkten Biorhythmusses auch dringend brauchte.

Die Besucherzahl stieg nebenbei bemerkt unter Berücksichtigung häufiger individueller Fluktuation zwischenzeitlich sogar einmal auf begeisternde +7, blieb bei Langfristbetrachtung durchschnittlich jedoch im Bereich < 4.

Sie vermuten übrigens richtig. Der Berichterstatter litt zu diesem Zeitpunkt an einem akuten Anfall von Langeweile und begann deshalb mit einer akribischen, aber ansonsten völlig sinnfreien Zuschauerstatistik.

Okay, zurück an die Bretter!

Um 14 Uhr war immer noch keine Partie entschieden. Meine bisherige Gesamt- und Einzelbeurteilung blieb allerdings in der Summe immer noch optimistisch, wobei sich am 1. Brett eine Beruhigung und am 8. Brett eine Verkomplizierung der Lage eingestellt hatte. Christian schien sich im Variantendschungel ein wenig verlaufen zu haben. Jedenfalls fragte er schon einmal präventiv nach, ob es ein möglich sei, Remis zu machen. Nun, ich hatte keine Probleme damit.

Ein bisschen Sorge hatte ich im Moment ebenso bei Miguoel, dessen Gegner sich einen Freibauern in der c-Linie verschafft hatte. Das konnte noch ziemlich unangenehm werden. Im Moment egalisierte er das strukturelle Problem jedoch noch durch eine ziemlich aktive Figurenstellung. Meinem Eindruck nach ergaben sich sogar echte Chancen, die Partie noch zu seinen Gunsten zu drehen.

Das erste Tagesergebnis erspielte sich Robby. Das Remis ging in Anbetracht des gesamten Partieverlaufs durchaus in Ordnung. ½ : ½.

An Brett 5 hatte sich Sebastian inzwischen eine Mattstellung erspielt. Man hatte es lange kommen sehen. 1½ : ½.

Es folgte das Remis bei Christian. 2 : 1. Alles lief in die richtige Richtung.

Zwischenzeitlich verflogen dann meine leichten Restzweifel. Miguoel und Nazar riffelten ihre Gegner buchstäblich auf und realisierten dabei deutliche Material- und Stellungsvorteile. Da brauchte es nur noch ein Remis bei Arthur oder Ilja und der Keks wäre bereits gegessen, wobei Arthur genau diese Offerte in Anbetracht einer aktiven Endspielstellung gerade ausschlug.

Miguoel machte dann aber erstmal den erhofften Punkt. 3 : 1. Es folgte das ebenfalls prognostizierte 4 : 1 durch Nazar.

Während der Rest der Mannschaft ruhig in die Zeitkontrolle glitt, leistete sich Ilja, dessen Eltern anwesend waren, in relativ remislicher Stellung den Luxus eines kleinen Zeitnotduells. Man gönnt sich ja sonst nichts. Manchmal glaub ich, die Jungs wollen mich damit nur ärgern, obwohl für derlei Verschwörungstheorien heute eigentlich kein Raum war.

Nach der Zeitenwende sah ich zwei mindestens etwa gleich stehende Partien bei Arthur und Ilja. Um Alexey musste man sich jedoch inzwischen wirklich Sorgen machen. Sein offener König würde ihm noch gehörige Probleme bereiten. Er quittierte die Stellung dann auch mit einem langen Zeitverbrauch und diversem Kopfschütteln. Ich tippte hier deshalb auf einen verdienten Ehrentreffer für unsere hessischen Gäste, zumal kurz danach sogar ein Mattnetz auftauchte.

Um 15.37 Uhr ereilte den guten Alexey dann die traurige Realität. 4 : 2. Im höheren Sinne, wetzte Ilja diese Scharte jedoch wieder aus, denn er hatte sich gegen 16.00 Uhr eine gewinnträchtige Endspielstellung mit Mehrbauern erknetet. In Anbetracht des bisherigen Partieverlaufs eine durchaus unerwartete, aber nichtsdestotrotz positive Wendung. 5 : 2.

Insoweit wartete die Mannschaft nur noch auf Arthur, der immer noch an seiner Remisstellung herumschraubte. Doch dann sah auch er es ein. 5 ½ : 2 ½

Nachfolgend das erfreuliche Ergebnistableau:

SF Katernberg - SF Schöneck 5½:2½
Kislinski - Krejci 0:1
Firman - Poetsch 1:0
Ris - Konopka ½:½
Zaragatski - Heinatz 1:0
Siebrecht - Marchio 1:0
Pijpers - Meier, K. ½:½
Admiraal - Dr. Meyer-Cording 1:0
Dr. Scholz - Weiss ½:½

Gut, so darf es weitergehen, wobei die nächste Begegnung gegen Porz ein echter Prüfstein wird.

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