Starker Gegenwind bei der DVM

Geschrieben am 28.12.2023 von Bernd Rosen

Nur Teilerfolge für SFK am 2. Tag der DVM in Magdeburg

Was schreiben wir über den heutigen Tag? Wo Lukas gestern schon teuflische Ränke geschmiedet sah, hätte ich heute beinahe "Letzte Morsesignale aus der Trainerhölle" getitelt. Aber das scheint mir nun doch zu hart - "den sticht wohl der Hafer" hätte sich da wohl der eine oder die andere Leserin gedacht. Und damit nicht einmal so falsch gelegen, denn um das doch arg karge Abendessen ein wenig zu ergänzen, habe ich mir einen Vorrat an Haferplätzchen zugelegt. Hafer macht bekanntlich glücklich (Wer's noch nicht wusste: Das hat was mit dem Serotonin zu tun oder dem Glauben daran) - das Geschehen auf den Brettern schafft das bisher leider nur vereinzelt. Jan Lüersen erinnert mit seinen Bildern von dem nächtlichen Magdeburg daran, dass es noch eine Welt abseits der 64 Felder gibt. Die ist bekanntlich auch in einem recht ramponierten Zustand, aber immerhin hübsch geschmückt. Von dem Gefühl "I love Magdeburg" ist aber selbst unsere U20 weit enfernt, obwohl der gegen den Gastgeber heute immerhin der erste Punktgewinn gelang.

3. Runde

Damit kommen wir zum schachlichen Geschehen: Für unsere U20 lief es nicht wirklich besser als am Vortag. Schon im ersten Zug wurde Lasse nach 1.d4 mit dem unkonventionellen 1...a6 konfrontiert. Wenig später steckte Schwarz mit b5 einen ersten Bauern ins Geschäft, nur um kurz darauf mit f5?! fortzusetzen. Mit einer Auswahl guter Möglichkeiten belastet fand Lasse nicht die stärkste Fortsetzung, sodass sich die Stellung dem Ausgleich näherte. Nach einem abenteurlichen Turmmänover (f1-b1-b5-e5) stellte sich heraus, dass Schwarz bereits die Kombinationskeule bereitgelegt hatte und mit einem Turmopfer die Partie dank der weißen Grundreihenschwäche beendete. Noel hatte in der frühen Phase der Partie gegen das Jobava-System derartig viel Zeit verbraucht, dass ihm diese wenig später nach einer verpflichtenden Kombination fehlte, in der er erneut alles auf eine Karte setzte und zwei Leichtfiguren investierte, um einen Mattangriff einzuleiten. Es stellte sich jedoch heraus, dass das resultierende materielle Übergewicht in der Lage war, diesen abzuwehren und den Partieverlust für Noel zu besiegeln. Lukas schaffte es derweil, aus einer Französisch-Abtauschvariante eine außergewöhnlich wilde Stellung herbeizuführen, in der sich beide Spieler nach Ausführung des zwanzigsten Zuges (es gilt immerhin die Sofia-Regel!) überraschend friedlich auf Remis einigten. Erwin konnte in einer komplexen Partie zwar zwei Figuren für einen Turm erobern, sah sich aber weiterhin dem gegnerischen Druck ausgesetzt, der kurz vor der Zeitkontrolle in einen Damenverlust mündete. Trotz dreier Leichtfiguren ließ sich auch hier der Partieverlust nicht vermeiden. In Maksims Partie machte sich schon früh seine Unerfahrenheit bemerkbar, als er blindlinks mit dem eigenen König nach vorn lief. Somit steuerten in der morgendlichen Runde nur Lukas und Jonas etwa Zählbares zum Punktekonto bei. Da Jonas das Springerendspiel deutlich besser als seine Gegnerin behandelte, konnte er zunächst einen, später zwei Bauern gewinnen. Die gegnerischen Kräfte reichten gerade einmal für das Aufhalten eines Bauern aus, sodass Jonas am Ende mit König, Springer und Randbauer gegen König sicher gewann.

Besser lief es bei der U16 gegen Bebenhausen: Zwar wurde Nils bereits in der Eröffnung böse überrascht. Er gewann zwar eine Figur, aber sein König stand einfach zu schlecht. Den Ausgleich erzielte Lukas mit einem zielstrebig vorgetragenen Grandprix-Angriff. Daniel spielte zwar sehr umständlich, aber auch er konnte nach dem Tausch aller Türme mit seiner Dame in die gegnerische Stellung eindringen und das Matt erzwingen. Mit einer Energieleistung sondergleichen hielt Mykola ein Remis fest, nachdem er ausgangs der Eröffnung seine Dame verloren und dafür nur zwei Leichtfiguren bekommen hatte. Doch es gelang ihm, dem Gegner in einer festungsartigen Stellung immer neue Probleme zu stellen, bis dieser mangels Bedenkzeit in die Punkteteilung einlenkte.

4. Runde

Nun zur Nachmittagsrunde: Gegen die Gastgeber aus Magdeburg mussten nun Punkte her, komme was wolle! Beinahe hätte es mit dem ersten Mannschaftssieg hingehauen, wäre uns nicht der Diabolo vom ersten Tag erneut über den Weg gelaufen. Die perfideste Betrug ist ja bekanntlich jener, der augenscheinlich zum Triumph führt. Genau unter dieses Motto können wir den Mannschaftskampf gegen Dresden stellen.

Zunächst stiegen wir mit drei Gewinnpartien von Noel, Jonas und Lukas in ungewohnte Höhen der Euphorie. Auch die drei anderen Partien sahen vielversprechend aus. Lasse kannte sich in der Eröffnung hervorragend aus und verspeiste den gegnerischen e-Bauern ohne sichtbare Kompensation für den Gegner. Doch die teuflische Gefahr lauerte wie so oft im Verborgenen, als für Lasse völlig überraschend ein gegnerisches Pferd die Flucht nach vorn antrat. Nach diesem taktischen Patzer verschlechterte sich die Stellung rapide und Lasse musste nach einem weiteren kombinatorischen Schlag aufgeben. Erwin hatte ebenfalls eine zu Optimismus verleitende Spielanlage gewählt und machte sich daran, eine Bauerngabel unter erheblichem Aufwand zu realisieren. Nach beiderseitigen taktischen Fehlern entstand eine Situation, in der der gesamte weiße Damenflügel durch die schwarze Dame abgegrast worden war. Nach einer Springergabel war alle anfängliche Hoffnung verloren.

Die bitterste Niederlage musste Sam verkraften. Nach einer erneut starken Partie in der Steinitz-Variante des Franzosen entschied am Ende ein einziger taktischer Fehler die Partie, in der sich der gegnerische Spieler eigentlich schon mit Abwartezügen begnügt hatte, Endstand 3:3. Auch wenn wir froh sind, nun endlich etwas Zählbares vorweisen zu können, macht sich in der Mannschaft das unbehagliche Gefühl breit, dass dies eine der bisher raren Chancen gewesen sein könnte, in denen der Mannschaftssieg in greifbare Nähe gerückt war. Wir haben danach für morgen beschlossen, den Spieß umzudrehen und dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen, indem wir selbst unkonventioneller agieren und womöglich die ein oder andere Variante aus dem sicher geglaubten Tod zurück in die Welt des realen schachlichen Wahnsinns zu bringen.

Die U16 traf auf das Überraschungsteam der Barnimer Schachfreunde, das in der ersten Runde den Setzlistenersten Kiel bezwungen hatte. Mykola brachte uns mit einem scheinbar mühelos herausgespielten Sieg in Führung:

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Leider ging Collin ebenso chancenlos unter. Dass Timo ihm noch 14 Tage vorher eine Variante gegen Russisch empfohlen hatte, war ihm leider nicht mehr präsent. Schnell verhedderten seine Figuren sich derart, dass er die Entwicklung nur mit Mühe abschließen konnte. In der Zwischenzeit hatte sein Gegner seine Figuren gegen den weißen König in Stellung gebracht, und dem anschließenden Mattangriff hatte Collin nichts entgegen zu setzen. Doch die beiden Partien von Daniel und Lukas sahen verheißungsvoll aus. Daniel konnte seine Bauern am Königsflügel vorschieben, sich anschließend dann aber doch nicht zu entscheidenden Maßnahmen entschließen. Darüber verbrauchte er wie so oft frühzeitig seine Bedenkzeit, blies zum Rückzug und stellte schließlich Haus und Hof ein. Lukas versuchte alles, um aus seiner etwas bequemeren Stellung einen ganzen Zähler herauszuquetschen, lehnte drei Remisangebote seines Gegners ab - um dann am Ende in ein Matt zu laufen. Eine ebenso bittere wie unnötige Niederlage!

Trösten wir uns mit einigen weiteren schönen Bildern in der Bildergalerie. Und vielleicht ist ja Lukas mit seiner derzeitigen Lektüre ja schon auf der richtigen Fährte: So wie Albert Camus in seinem Mythos des Sisyphos dürft Ihr Euch ruhig auch den Schachtrainer als glücklichen Menschen vorstellen - wir Trainer arbeiten jedenfalls schon fest daran!

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